Das Leben und die Risiken

Montag im Homeoffice wartete ich also auf Nachricht, wie meine Schwester die Herzkatheter-Untersuchung überstanden hat, ob die tatsächlich Stents gesetzt haben oder was dabei herausgekommen ist.

Aber es kam keine Nachricht. Dabei hatte sie am frühen Morgen den Termin…ich wurde unruhig…Erst nach dem Mittag kam von meinem Schwager die Nachricht: Ihr geht es gut – aber es wurden keine Stents gesetzt…sie kann gleich nach Hause – alles andere später.

Nun – ich kann nicht behaupten, dass mich diese Aussage beruhigt hat…und bereits 2 Stunden später sollte sich das auch bestätigen…denn es kommt noch schlimmer.

Wir hatten bereits vor Tagen ausgemacht, ich komme auf jeden Fall an diesem Tag nach Flensburg, egal ob sie Zuhause oder im Krankenhaus ist….und so hab ich später nur kurz mit ihr telefoniert und mich bereits am frühen Nachmittag ins Auto gesetzt und mit knappen 1,5 Stunden war ich dann auch Vorort.

Auf den Bildern vom Herzen, kann man eindeutig erkennen, bei ihr ist eine der Herzvenen komplett verkümmert und an den beiden Anderen gibt es Engstellen…wahrscheinlich alles schon seit ihrer Geburt….da können Stents nicht mehr helfen. Es geht wohl nur über eine 3fach Bypass-Operation. Die Wahrscheinlichkeit das es am offenen Herzen und nicht minimal-invasiv gemacht wird, ist relativ hoch – aber noch ist es nicht ganz entschieden….jetzt wartet sie auf einen freien Termin im Krankenhaus.

Einer der Ärzte meinte dann auch zu ihr, sie kann froh sein, eine so gute körperliche Fitness zu haben und einen so guten Lebensstil zu führen, ansonsten wäre sie wohl schon längst tot. Na das ist ja eine tolle Aussage.

Wir waren alle Drei geschockt und jetzt mit ein paar Tagen, die bereits ins Land gegangen sind, gewöhnen wir uns an den Gedanken. Ja klar, auch das ist inzwischen eine Routine-Operation, aber trotzdem ist es eine Operation, die gefährlich werden kann. Ca. 1% stirbt bei der OP (das heißt aber auch 99% überleben), und ca. 5% bekommen während der OP einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Auch wenn die Chancen also sehr gut aussehen, dass sie anschließend die nächsten 20 Jahre gut und fast ohne Einschränkungen damit leben kann, muss man sich bewusst sein, das es auch anders kommen könnte.

Jetzt heißt es also abwarten und Ruhe bewahren, bis die Klinik sich meldet wann es einen OP-Termin gibt.

Wir hatten uns am Abend Essen kommen lassen und gemütlich im Wohnzimmer zusammen gesessen und einfach nur geredet…das tat uns Dreien gut….meine Schwester versucht sich ihrer Angst zu stellen, indem sie wieder und wieder darüber redet, meinem Schwager tut es gut, sich überhaupt einmal darüber zu unterhalten, auch über seine Kündigung und auch mir tat das Reden gut.

Es steckt der Wurm drin…

…in diesem Fall ist es der Familien-Wurm.

Diese Woche hatte es in sich…meine Schwester soll sich ja in Ruhe auf die Herzkatheter-Untersuchung kommenden Montag vorbereiten…Ruhe halten, nicht aufregen…was aber gar nicht so einfach ist.

Sie hat zwar mit ihrem Arbeitgeber eine Anpassung ausgehandelt, aber der Vertrag kommt nicht, dafür dann der Paukenschlag vor ein paar Tagen, das der Pflegedienst mit einem anderen Pflegedienst verschmolzen wird….der alte Chef wäre damit raus und die Belegschaft soll übernommen werden.

Die vertragliche Anpassung für ihr Gehalt (noch mit dem jetzigen Arbeitgeber) kommt dann doch, aber auf einmal mit einem Kündigungsdatum per 30.11.2022…obwohl es ja zu einer Übernahme der Mitarbeiter Anfang des neuen Jahres kommen soll. Natürlich unterschreibt sie diese Version nicht und bittet erneut um eine Anpassung. Ich weiß nicht, woher die immer ihre Vorlagen haben, aber scheinbar ist da ein Dilettant am Werk. Das Gefühl verarscht zu werden, nimmt auf jeden Fall weiter zu und führt nicht gerade zur Beruhigung.

Und am Freitag ruft mein Schwager mich an….aber ich hab das Privathandy auf lautlos gestellt, weil ich ja im Homeoffice arbeite und höre es nicht…er ruft 7x an, 8x….irgendwann sehe ich die Anrufe und bekomme Panik…

…ich rufe an, erreiche ihn nicht, erreiche auch meine Schwester nicht und dann hab ich endlich meinen Schwager am Rohr…WAS ist passiert?

Wir sind Beide aufgeregt und so verstehe ich es erst gar nicht…er hat versucht meine Schwester zu erreichen, aber die arbeitet, ihm wurde gerade gekündigt und er soll etwas unterschreiben, was er in seiner Aufregung nicht versteht und er weiß jetzt nicht, was er tun soll.

Nach dem ersten Schock, werde ich sofort ruhig und sage in klaren kurzen Sätzen: Er braucht sich zu nichts drängen zu lassen….er soll mir das Kündigungsschreiben per Whatsapp schicken…die Kündigung ist lang, enthält wiele Worte, aber keine Erklärung warum ihm auf einmal gekündigt wird (er arbeitete bis vor kurzem als LKW-Fahrer im Nahverkehr und seit kurzer Zeit ist er ins Lager gewechselt, incl. neuem Vertrag dessen Einzelheiten ich aber nicht kenne).

Was er in der Aufregung des Moments nicht verstanden hat, er soll nur den Erhalt der Kündigung unterschreiben…und genau dazu hab ich ihm auch geraten. Es ist nur die Bestätigung die Kündigung erhalten zu haben…es ist kein Aufhebungsvertrag oder keine Bestätigung das er dem Inhalt der Kündigung zustimmt.

Das beruhigt ihn soweit, dass er die Bestätigung unterschreibt und damit dann endlich das Werksgelände verlassen kann, um nach Hause zu fahren.. Er wird ab sofort freigestellt.

Später haben wird dann noch zu Dritt telefoniert…meine Schwager ist deprimiert und meine Schwester fassungslos…soviel zu „in Ruhe auf die Untersuchung/OP vorbereiten“.

Ich mache Handlungsvorgaben: 1. Montag gleich arbeitssuchend melden / 2. den Rechtsanwalt für Arbeitsrecht anrufen, den meine Schwester ja auch schon bemüht hat.

Mein Schwager ist sehr mundfaul was die Begründungen seines Arbeitsgebers angeht, aber da die Fahrer suchen, ein extrem gutes Wirtschaftsjahr hatten, sogar zusätzliche Boni ausgezahlt haben, kann es m.E. nicht sein, das ihm einfach so gekündigt wird….aber da kenne ich mich einfach zu wenig aus…das hat evtl. aber auch mit seinem Wechsel ins Lager zu tun.

Ich fahre Montagnachmittag ja eh nach Flensburg, um zu sehen wie es meiner Schwester nach der OP geht und da kann ich auch mal einen Blick auf seinen Vertrag werfen. Aber klar ist – da muss ein Anwalt her für eine Beurteilung zur Einreichung einer Kündigungsschutzklage.

Bei der Gelegenheit erfahre ich: meine Schwester hat immer noch keine Patienten-Verfügung geschrieben und ich nötige sie dazu, das auf jeden Fall vor der OP am Montag noch machen – biete ihr eine Art Diktat per Telefon an.

Das Thema drängte sich wieder einmal auf, da ich am Freitag noch erfahren hatte, das eine junge Kollegin (mit Mann und 2 kleinen Kindern) so schnell nicht wieder arbeiten kommt, weil der Mann nach einer unspektakulären OP jetzt wohl zu einem Pflegefall geworden ist…das hat mich entsetzt und zeigt mal wieder, das bei JEDER Operation etwas passieren kann.

So hab ich mich am Samstag selbst noch einmal an meine eigene vorhandene Patientenverfügung gesetzt und mit Hilfe einer Datei vom Bundeministerium für Justiz zur „Formulierungshilfe Patientenverfügung“ noch einmal genauer formuliert….und heute Mittag hab ich dann das Ganze mit meiner Schwester gemacht: ich hab ihr vorgelesen was man wie wählen kann und dann haben wir zusammen mittels der Formulierungshilfe-Datei für sie die Patientenverfügung formuliert…sie hat es per Hand niedergeschrieben…ja das hat gut 1 Stunde gedauert, aber jetzt ist es fertig.

Sie wird das Ganze noch einmal ins Reine schreiben und noch einmal überdenken…aber die 1.Version ist jetzt schon mal unterschrieben und ich fühle mich besser…Mein Schwager und ich müssen doch, im Falle eines Falles, wissen und auch durchsetzen können, was sie möchte und was nicht.

Wer sich dafür interessiert, hier der Link:

Bundesministerium für Justiz

Ich muss zugeben, ist hatte mir diese Woche auch etwas entspannter und ruhiger vorgestellt.

Von Geräuschen und Sorgen

Donnerstag ging es dann wieder mal ins Büro….so langsam gewöhne ich mich an den neuen Kollegen…und der Controller hat ihn auch schon auf meine Besonderheit in Bezug auf Geräusche hingewiesen.

Der Neue hatte zwar sein Headset auf, trotzdem konnte ich (selber mit Headset auf den Ohren) jedes Wort hören, dass sein Gegenüber zu ihm sprach. Mit dem Hinweis, das ich jedes Wort aus seinem Headset hören konnte, bat ich um eine leichte Reduzierung der Lautstärke im Kopfhörer, und da kam dann die Info von ihm, das ihn der Controller bereits über mein ausgeprägtes Hörvermögen informiert hatte und auch darüber, dass ich auf Lautstärke nicht so gut reagiere.

Ich hab ihm versucht das zu erklären und er war auch sofort bereit, die Lautstärke in seinem Hörer anzupassen…ich versuche also seine ständigen Schlürfgeräusche beim Kaffeetrinken zu akzeptieren, solange ich seine Gespräche aus dem Headset nicht mithören muss ….es ist ja nicht so, als ob ich jedem jedes Geräusch verbieten wollen würde…okay würde ich zwar gerne – kann ich aber nicht…jeder Mensch macht nun einmal normale Geräusche, die ich eben überlaut wahrnehme..aber dafür hab ich ja mein eigenes Headset, welches ich auch oft nutze um ruhige Musik zu hören, damit ich meine Aufmerksamkeit auf andere Dinge fokussieren kann.

Normalerweise lasse ich mein privates Handy während der Arbeitszeit unangetastet…aber meine Schwester hat momentan Redebedarf…wir haben also öfter gechatted und telefoniert (dazu verlasse ich immer unser Büro uns suche mir ein leeres Büro).

Sie hat nach dem Schreiben ihres Anwalts an den Arbeitgeber nun ein erneutes Gespräch mit ihrem Chef gehabt. Sie bekommt zwar immer noch nicht das, was der Tarifvertrag für ihre Betriebszugehörigkeit eigentlich vorschreiben würde, aber dafür 2 Sonderzahlungen und die Zusicherung im nächsten Jahr bei der nächsten Anpassung entsprechend berücksichtigt zu werden. Sie hat das akzeptiert und ich kann sie verstehen. Zusammen mit der bisherigen Gehaltserhöhung und den Sonderzahlungen steht sie schon mal ganz gut da, ohne den Arbeitgeber verklagen zu müssen..das möchte sie auf keinen Fall, immerhin möchte sie auch noch die letzten Jahre bis zur Rente dort arbeiten.

Das Gespräch hatte noch einen weiteren Teilnehmer, so das es einen Zeugen für die Vereinbarung gibt…was ich für nicht unwichtig halte. Andere Kolleginnen haben die neuen Verträge wohl inzwischen klaglos unterschrieben, so ist meine Schwester eine der Wenigen, die sich zur Wehr gesetzt hat.

Die erneute Anpassung kam wohl auch zustande, weil sie bei der Pflegedienstleistung schon mal erwähnt hat, also falls das Gehalt so bleibt, würde sie eben weniger oft freiwillig in Notsituationen aushelfen…weil das ja überhaupt nicht im Gehalt berücksichtigt wird, wie oft sie ihre Freizeit und Erholung opfert, um bei der angespannten Personaldecke auszuhelfen.

Prima – also eine Sorge weniger – nur um einen Tag später gleich die nächste Hiobs-Botschaft aus Flensburg zu bekommen….meine Schwester war beim Kardiologen und Ende des Monats bekommt sie eine Herzkatheter-Untersuchung bei der gleichzeitig einen oder mehrere Stents gesetzt werden sollen um wohl natürlich verengte Blutgefäße zu erweitern bzw. offen zu halten. Diese Operationen gelten als Routine-Eingriff.

Was ich nicht wusste, bei Frauen wird das meistens über die Handvenen und nicht über die Leisten-Venen gemacht. Klingt Beides nicht so prickelig…und natürlich mach uns das allen Dreien Angst…in unserer Familie sind Herzprobleme leider sehr ausgeprägt…egal welche Familienseite man sich anschaut. Aber sie ist ja sonst körperlich fit, bewegt sich viel und ernährt sich ziemlich ausgewogen um auch den Diabetes in Schach zu halten ohne Insulin spritzen zu müssen.

Hmmm meine eigene Untersuchung beim Kardiologen ist ja erst in 3 Monaten…wohl ist mir bei den Aussichten mit meiner Schwester in Bezug auf meine eigene Untersuchung ja gar nicht…aber immerhin hatte ich bei der letzten Untersuchung (noch in Frakfurt vor 3 Jahren) die info, das ich keine angeborenen Verengungen habe und auch sonst alles gut aussah, eben bis auf die angeborene „Anomalie“, die zu Herzrhythmus-Störungen führen kann. Aber jetzt geht es erst einmal um sie – nicht um mich….ich bin also immer noch im Sorgen-Modus