Ich bin erstaunt wie wenig die Unruhe und Unzufriedenheit der Mitarbeiter wahrgenommen wird. Nein eigentlich erstaunt es mich doch nicht…also nicht wirklich. Es läuft ja – irgendwie.
Unser GF hat mir vor einiger Zeit in einem längeren 4-Augen-Gespräch ja auch versucht seine Sicht auf die Änderungen zu vermitteln und das ihm in vieler Hinsicht (z.B. weitere Mitarbeiter für unterschiedliche Abteilungen einzustellen) die Hände gebunden sind.
Dabei muss ich aber auch sagen, es gab Zeiten da waren ihm die Hände NICHT gebunden…und er hat trotzdem die Notwendigkeit nicht gesehen.
Eine Aussage von ihm hat sich mir aber eingeprägt, die eigentlich das ganze Dilemma der Geschäftsführung zeigt. In etwa lautete die Aussage: Was soll ich denn noch tun um den Mitarbeiter zu vermitteln das es der Firma gut geht. Die Umsätze und die Gewinne steigen…uns geht es doch nicht schlecht.
Ja, das stimmt. Umsatz, EbITDA und auch die Gewinne steigen und ja, jeder von uns ist mit seinem Bonus am Unternehmensziel beteiligt. Soweit so gut.
Aber DARUM geht es auch gar nicht. Die Frage sollte doch lauten: WARUM sind so viele Mitarbeiter in den letzten Jahren unzufrieden geworden OBWOHL alle messbaren Faktoren nach oben gehen.
Der Kern der Unzufriedenheit ist eben nicht, das wir zu wenig Geld verdienen – sondern das wir an vielen Stellen viel zu viel Arbeit haben, die mit der Anzahl der Mitarbeiter kaum zu bewältigen ist.
Natürlich ist Geld ein wichtiger Faktor…aber eben nicht der Einzige. D.h. unser GF kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die lieber auf etwas Geld verzichten um etwas mehr Freizeit zu haben. Nun gut – unser GF ist ein waschechter Schwabe.
Wenn 3 Abteilungsleiter und 2 Teamleiter einer Firma (das sind nur die mit denen ich mich über diese Themen unterhalte – bei den anderen hab ich keine Einblicke) unzufrieden sind, und dazu noch einige der „normalen“ Angestellten …dann ist das überproportional im Verhältnis zur Gesamt-Mitarbeiterzahl.
Wenn auf der einen Seite immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird, das die Überstunden zurück gefahren werden müssen, das die Arbeit an Wochenenden und Feiertagen nicht erlaubt ist, auf der anderen Seite dieser zusätzliche Arbeitseinsatz nicht anerkannt /honoriert wird und trotzdem nur zögerlich Abhilfe geschaffen wird um die Arbeit innerhalb der vorgegebenen Zeit schaffen zu können, auf der nächsten Seite bei der Planung der nächsten 1-5 Jahre schon klar ist, wir wachsen weiter und es werden keine zusätzlichen Stellen geplant….da stimmt doch etwas nicht. Da ist doch schon vorprogrammiert das noch weitere Mitarbeiter die Reißleine ziehen oder untergehen werden.
Aber die Geschäftsleitung nimmt es nicht wirklich wahr…oder will es nicht wahrnehmen, weil es der Firma ja gut geht. Und wenn es der Firma gut geht, dann haben die Mitarbeiter keinen Grund unzufrieden zu sein.
Was für eine Logik.
Nachdem ich jahrelang das alles eher stillschweigend mit getragen habe, hab ich ja bereits in 2018 angefangen aufzubegehren, …was zumindest dazu geführt hat, das ich
- Einen zusätzlichen Mitarbeiter bekommen habe (wenn auch die Umsetzung erst mit ¾ Jahr Verzögerung statt gefunden hat)
- Ich eine zusätzliche finanzielle „Entschädigung“ für diese Sonderprojekt erhalten habe. Lt. Aussage meiner Chefin bin ich die Einzige.
Aber der zusätzliche Mitarbeiter und die finanzielle Sonderzahlung kamen zu spät…viel zu spät – meine innere Unzufriedenheit konnte das auch nicht mehr kompensieren und ich hab ja für mich die Konsequenzen gezogen.
Und diese 1. Arbeitswoche nach dem Urlaub hat mir mal wieder gezeigt, es ist absolut die richtige Entscheidung…es geht munter weiter mit den Änderungen „mal eben“….
Nach einem Gespräch mit unserem verantwortlichen Westeuropa-Manger weiß ich, auch den anderen Landesgesellschaften geht es nicht besser, die kämpfen mit den gleichen Nachwirkungen des Konzernumbaus (Nur die brauchten eben KEINE zusätzlichen Jahresabschlüsse – das war etwas speziell nur für die Deutschen Gesellschaften) und auch dort wächst das Frust-Potential – obwohl die an vielen Stellen wesentlich mehr Leute zur Verfügung haben. Und auch er hofft jeden Tag, das nicht noch mehr neue Anforderungen an unsere Arbeit gestellt werden.