Mit einer Kollegin hab ich mich heute über das Asperger-Syndrom unterhalten.
Es handelt sich dabei um eine milde Form des Autismus, die insbesondere Beeinträchtigungen in der nonverbalen Kommunikation hervorbringen kann… Es ist eine Entwicklungsstörung im Sozialverhalten, die angeboren ist, im Kleinkindalter diagnostiziert wird und auch nicht einfach im Erwachsenen Alter verschwindet.
Im besten Fall lernt der Betroffene damit umzugehen und kann so die Auffälligkeiten im Kontakt mit Anderen meist so kaschieren, das er nur als leicht wunderlich wahr genommen wird. Eine gewisse Schrulligkeit oder auch Ruppigkeit wird von der Umwelt akzeptiert – ohne dass man gleich ausgegrenzt wird.
Hätte man sich in meiner Kindheit schon mehr damit ausgekannt, wäre dieses Syndrom wahrscheinlich bei mir diagnostiziert worden…so hat man meine Unfähigkeit mit fremden Menschen Kontakt aufzunehmen, Telefonate zu führen oder Freundschaften aufzubauen als extreme Schüchternheit ausgelegt und mich immer wieder zu Aktionen gezwungen die das Gegenteil von dem bewirkt haben, was die eigentlich sollten…immer in den Glauben das ist das Beste für das arme verschüchterte Kind.
Aber es ist so geblieben…bis ich mich an Menschen gewöhnt habe dauert es sehr lange…und bei Kollegen brauche ich 1-3 Jahre um mich wohl mit Ihnen zu fühlen, ….Ich habe inzwischen gelernt Smalltalk zu führen…solange ich den Leuten das 1. Mal begegne ist das auch kein Problem…im „1. Kontakt“ bin ich super…schwieriger wird es wenn ich den gleichen Leuten ein 2. Mal oder öfter begegne…ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll, weiß nicht worüber ich reden soll…wirke abweisend, weil ich mich niemandem aufdrängen möchte…kann die Gesichter, Namen und gehörten Geschichten nicht mehr zuordnen….
Dafür kann ich gut beobachten….nehme vieles genauer wahr…habe ein hohes Maß an Selbstreflektion und hab in diesen Momenten ein gutes Gespür für Stimmungen und unterschwelligen Schwingungen…ich kann mir soetwas auch sehr gut merken.
Und dann gibt es die Tage da fühle ich mich gefangen in mir selbst…schaffe es nicht emotionalen Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen….auch nicht zu meinem Freund…ich sitze dann nur da und stiere vor mich hin…bin verzweifelt auf der Suche nach einem Ventil um die Mauer zu durchbrechen und schaffe es nicht…ich spüre nichts außer der Mauer und dem brennenden Wunsch die Mauern zu durchbrechen…es fühlt sich nicht so an, als ob ich Einfluss auf diese Mauer hätte…dieser Zustand kann von ein paar Stunden bis zu 2 Tagen anhalten…ich bin dann nicht fähig Gefühle zu empfinden oder für meine Umwelt Empathie zu empfinden…ich schaffe es nicht einmal darüber zu reden das da gerade diese Mauer ist. Meist endet es in einem Streit, weil mein Gegenüber nicht versteht was mit mir los ist und ich es nicht sagen kann, obwohl alles in mir danach schreit. Aber ein Streit führt dann manchmal dazu das mir die Tränen kommen…DAS ist dann mein Ventil und innerhalb von ein paar Sekunden ist die Mauer weg.
Dabei lache ich gerne, albere auch viel herum…necke meinen Schatz liebend gerne und an manchen Tagen schnattere ich ohne Ende….
Zum Glück kann ich an dieser Stelle sagen, solche Isolations-Situationen sind in den letzten Jahren fast vollständig aus meinem Leben verschwunden…Fast…das Letzte Mal ist auch bestimmt schon ¾ Jahr her. Je älter ich werde, umso besser kann ich mit diesen Macken (also sozialen Beeinträchtigungen) umgehen und ich weiß beim letzten Mal hab ich es meinem Schatz sogar erklären können, warum ich gerade nicht anders kann…
Ich arbeite schon mein ganzes Leben an meinem Sozialverhalten und trotzdem werde ich immer ein Mensch sein, der vieles anders empfindet als der Normalbürger…aber wer will schon normal sein.