Das Thema mit meinem Schwager ist gestern mal gerade etwas hochgekocht.

Er wurde Ende 2022 arbeitslos, hat sich durch einen Anwalt eine für ihn gute Abfindung per Gericht aushandeln lassen (was bei seinem damaligen Gehalt aber jetzt nicht wirklich viel Geld ist, aber immerhin ist es eine kleine Reserve), dann hat er für 2 Monate wieder gearbeitet, wurde aber gekündigt, weil sehr sichtbar war, das er große Schmerzen in der Hüfte hatte. Also wieder arbeitslos, dann ließ er sich die 2. Hüfte operieren und ist seit wenigen Tagen jetzt wieder arbeitsfähig – aber arbeitslos. Also arbeitet er seit 1,5 Jahren nicht mehr wirklich, bis auf die 2 Monate mittendrin.

Und nun sollte er schon seit einiger Zeit aktiv werden…Schwester+Schwager haben beschlossen, er soll sich vom LKW-Fahrer zum Busfahrer umschulen lassen, denn er darf nicht mehr schwer heben (was er als LFW-Fahrer im Nahbereich immer musste).

Mein Schwager ist eigentlich ein lieber und netter Kerl…aber eben ein Grobmotoriker, was hier nicht als Verunglimpfung gemeint ist, sondern ihm fehlt tatsächlich, seit seiner Geburt, die Feinmotorik. Dadurch wirkt er oft ungeschickt, dappig und vor allem fehlt im die Ruhe und das Gefühl für Feinheiten.

Bei einer Bewerbung, die er mit Hilfe eines Kumpels am Computer stellt, stimmt der Name des Angesprochenen nicht. Die Sätze sind wahllos aneinander gereiht, ohne das sie einen Lesefluss und damit ein gutes Lesegefühl geben. Wichtiges wird weggelassen und Unwichtiges hervorgehoben. Bei längeren Sätzen fehlt dann auf einmal ein Teil, um dem Satz überhaupt eine Bedeutung zu geben und in seinem Lebenslauf fehlten ganze Jahre OHNE das er es bemerkt hätte…sein Kumpel allerdings auch nicht.

Also habe ich bereits im letzten Jahr und auch jetzt, bei der aktuellen Bewerbung die „Endkontrolle“ übernommen..na klar bewirbt sich ein LKW-Fahrer nicht mit den gleichen Worten, wie ein Bilanzbuchhalter…aber es sollte schon ein grammatikalisch normal gutes Deutsch sein und vor allem sollte alles vollständig sein.

Als meine Schwester mich fragte, ob er jetzt mal dort anrufen solle, weil ja bereits fast 3 Wochen her sind, seit er die Bewerbung abgegeben hat, war ich dafür und wollte ihm noch ein paar Tipps geben, wie er sich auf das Telefonat, wenn es denn zustande kommt, vorbereiten könnte, denn manchmal hat man ja Glück und es findet eine Art Vor-Bewerbung statt…das ist dann schon die halbe Miete.

Mein Schwager war jedoch unwirsch und unwillig…als ich ihm einen Vorschlag machte, wie er den Wunsch nach Umschulung positiv formulieren könnte, ließ er mich ins Leere laufen…und meinte das wüsste er alles selber…er erkennt die kleinen Unterschiede einfach nicht…aber ich will mich ja nicht aufdrängen, hab das auch gesagt und dann das Gespräch schnell mit einem schönen Wochenend-Gruß beendet.

Ich sehe ein, das meine gut gemeinten Ratschläge, eben nicht immer auch gut ankommen. Das meine Hilfe hier nicht erwünscht ist (also nicht von ihm, von meiner Schwester schon). Ab jetzt werde ich nur noch Hilfestellung geben, wenn er sie bei mir direkt anfragt…nicht, wenn meine Schwester fragt. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und ich sollte mich etwas zurückziehen.

Na klar ist es für meinen Schwager eine emotional schwierige Zeit…er hat mit knappen 58 Jahren Angst, keinen Job mehr zu finden…meine Schwester hat Angst, das er sich noch weiter gehen lässt, nicht mehr arbeitet und die finanzielle Last weiterhin allein auf ihren Schultern liegt…und Beide sind zwar dankbar, das ich sie, auch finanziell, unterstütze, wollen das aber eigentlich nicht.

Ich muss also vorsichtig sein mit meinen Vorschlägen, weil ich nicht den Eindruck erwecken möchte, eine Art Mitsprache-Recht zu haben. Und genau an dem Tag, als es um das Telefonat ging, haben sie mir die Rechnung über den Eigenanteil eines Zahn-Implantats meiner Schwester zugeschickt…ich hatte versprochen den Teil zu bezahlen, den die Versicherungen nicht übernehmen. Vielleicht hat mein Schwager deshalb etwas dünnhäutig reagiert.

Für mich ist es die Gelegenheit, mich noch weiter zurück zu nehmen…und im stillen die Daumen zu drücken, das es klappt mit der Bewerbung.

4 Gedanken zu “Minenfeld Familie

  1. Mit 58 noch Arbeit zu finden ist schwierig, aber gerade LKW- und Busfahrer werden zur Zeit gesucht.

    Ich stelle mir nur die Frage, ob er als Busfahrer geeignet ist? Nicht vom fahrerischen Können. Aber vom Umgang mit Menschen, die er ja unweigerlich transportieren muß.

    Wie sagte doch mein Onkel so schön, der sich seine Frührente mit dem Transport von Schulkindern aufgebessert hat so schön: „Am liebsten fahre ich die Taubstummen, die sind wenigstens leise!“

    Liebe Grüße
    Trude

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  2. juup genau diese Frage habe ich den beiden auch laut gestellt…und etwas verwunderte Blicke geerntet..zumal mein Schwager schnell hibbelig und nervös wird, wenn etwas nicht gut läuft 🤔. Ich bin also auch skeptisch und hoffe das Beste 😎🌞

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  3. Ich habe große Hochachtung vor Deiner Größe das so hin zu nehmen. Du bist wirklich ein sehr loyaler Mensch.

    Und ich glaube in Zeiten von chatgpt müssenso Stotteranschreiben wirklich nicht sein.

    Meine Tochter hilft ihren Schwiegereltern-in-spe auch mit allen „Amtssachen“, weil die keinen graden Satz schreiben können und in Panik geraten. Dafür ist dann aber auch bei handwerklichen Problemen immer Jemand da oder wenn es um Haushaltsführung geht. Oder sie laden zum grillen ein oder so.

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    1. Danke schön…aber ich war natürlich schon etwas eingeschnappt 🙃😉…immerhin investiere ich hier einiges an Zeit und Nerven…und da hätte ich mir etwas mehr Interesse seinerseits gewünscht.

      Aber ich kann auch verstehen, das ihm meine Vorschläge auf die Nerven gehen und das diese auch an seinem Selbstbewusstsein nagen…ich neige ja dazu, oberlehrerhaft zu erklären und das ist bestimmt auch nicht immer angenehm.

      Wenn ich das erkenne, versuche ich, mich wieder zurück zu nehmen…und na klar würde ich gerne öfter mal zu Beiden sagen: findet ihr das wirklich sinnvoll – so eine Ausgabe zu tätigen, in Eurer Situation…aber das steht mir nicht zu…auch wenn es mir schwerfällt.

      Die sind beide Erwachsen, auch wenn ich mich manchmal wie eine Mutter fühle, die Ihre erwachsenen Kinder zwar begleitet, aber nicht zu sehr eingreifen darf….hahaha 

      Das ist aber auch nett von Deiner Tochter….und es scheint ein schönes Geben und Nehmen zu sein…das ist toll.
      Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.

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