Nach Feierabend hatte ich noch eine Telefon-Verabredung mit einer ehemaligen Kollegin aus Hessen. Die letzten Tage hab ich viel mit meiner Schwester telefoniert und beruflich telefoniere ich auch viel mehr, als sonst…und Morgen hab ich noch eine Telefon-Verabredung mit dem Rentner aus Hessen…..und da sage noch einer man kann sich nicht ändern….ich telefoniere immer noch nicht gerne….aber es wird besser.
Ich bin ja sehr eigen und mag es nicht, wenn sich Jemand in einem Gespräch mit mir, nicht darauf konzentriert, sondern nebenher noch andere Dinge macht….oder noch schlimmer, dabei auch noch isst. Ich empfinde die Geräusche im Hintergrund dann immer als übermässig laut und störend, während die Anderen irritiert sind, das ich
1. die Geräusche überhaupt höre,
2. die Ablenkung in Stimme und Reaktion wahrnehme und es dann auch noch
3. Anspreche ….weil es MICH ablenkt und teilweise sogar blockiert einer Unterhaltung zu folgen oder zu gestalten.
Meine liebe ehemalige Kollegin aus Hessen hat also während wir telefonierten: Kartoffeln geschält und dann lang und breit auf einem Holzbrett klein geschnitten….und unter fließendem Wasser abgewaschen, und die Auflaufform aus dem Schrank gezerrt….und dabei ging die Verbindung immer wieder von gut auf schlecht und wieder zurück…alles Geräusche die es mir während eines Telefonats schwer machen, zu glauben, das mein Gegenüber ganz bei der Sache ist.
Wahrscheinlich geht es wieder einmal nur mir so, aber ich empfinde es fast als unhöflich….aber ich versuche es zuzulassen….es anzunehmen und mich auf die Unterhaltung zu konzentrieren…und NICHT auf die Nebengeräusche….es hat ein paar Minuten gedauert und dann ging es ganz gut.
Ich versuche also mich mehr und mehr zu konditionieren, mich von Geräuschen nicht triggern zu lassen. Meine natürliche Reaktion ist: mich mittels Flucht der Situation zu entziehen….also das Gespräch schnell zu beenden oder so lange zu intervenieren, bis der Andere die Nebengeräusche abstellt.
Natürlich kann ich nicht immer dem Flucht-Reflex nachgeben…also habe ich schon vor Wochen angefangen Strategien gegen meine Misophonie einzuüben, um dem natürlichen Bedürfnis aus der Situation zu entkommen, entgegen zu treten.
Das ist nicht leicht und bedeutet mich dem Trigger-Geräuschen auszusetzen, es anzunehmen und wenn möglich, meinen Fokus auf etwas anderes zu lenken. Das ist ja keine Krankheit, kann also auch nicht geheilt werden…ich brauche daher Bewältigungs-Strategien um damit leben zu können.
Während der Pandemie war es einfach, allen und jedem unangenehmen Geräusch aus dem Wege zu gehen und so konnten sich mein Gehirn und mein Gehör von vielen Geräuschen tatsächlich so erholen, das einige sogar keine Überreaktionen in mir mehr auslösen. Andererseits hab ich mich dadurch auch so von Geräuschen entwöhnt, das mir jetzt viele normale Umgebungsgeräusche unnatürlich laut erscheinen und ich diese eher wahrnehme als früher. Also Fluch und Segen zugleich.
Aber die Ausgangslage hat sich trotzdem verbessert: Ich bin emotional ausgeglichener und schaffe es eher mich den Trigger-Geräuschen durch Ablenkung meiner Aufmerksamkeit auf etwas Anderes, zu entziehen. Aber es bedeutet, das ich ständig an mir arbeite, was anstrengend ist.
Ich muss ja gestehen, dass ich fast immer koche neben dem Telefonieren. Meine Mama stört das nicht – ansonsten müsste sie auf den (fast) täglichen Anruf verzichten. Anders schaffe ich das zeitlich nicht.
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jaa Du bist ja auch wirklich immer in Aktion 🙂
und genau so argumentiert meine liebe Ex-Kollegin auch…immerhin hat sie Mann, Kinder, Haushalt UND einen Vollzeitjob…da bleibt nicht soviel Zeit übrig…..🌷 Du telefonierst aber echt oft mit Deiner Mutter 👀…also das könnte ich so nicht ….😇
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